Nachfolgend wollen wir uns bemühen, Ihnen eine  Übersicht über die aktuell bestehende Situation und die Probleme zu geben.

Derzeit gibt es in Deutschland 2,6 Millionen Paare,  die ohne Trauschein zusammen leben. 2009 wurden 185.817 Ehen geschlossen. Nach  den Statistiken soll jede dritte Ehe auch bereits ein zweites Mal geschieden sein. Aus den meisten Beziehungen sind jedoch Kinder  hervorgegangen. Leider sind die gesetzlichen Bestimmungen nach wie  vor nicht geeignet, ein vernünftiges Regularium für die sich aus dieser  Situation ergebenden tatsächlichen und rechtlichen Fragestellen zu geben.

Nachfolgend wollen wir uns bemühen, Ihnen eine  Übersicht über die aktuell bestehende Situation und die hieraus resultierenden  Probleme zu geben.

  1. Beginnen dürfen wir mit der Stellung des nichtehelichen Vaters.
    Bis zum Jahr 2010 hatten wir die Situation, dass der nichteheliche Vater nur dann über die Entwicklung des Kindes, Schulwahl etc. (rechtlich: elterliche Sorge) mitbestimmen konnte, wenn eine gemeinsame Sorgerechtserklärung mit der Kindesmutter geschlossen war. War dies nicht der Fall, stand der Kindesmutter das alleinige Sorgerecht zu.

    Die praktische Konsequenz hiervon: Kindergärten, Schulen, Ärzte – sie alle dürfen dem nichtehelichen Vater keine Auskünfte über sein Kind erteilen. Dem Vater bleibt nur das Umgangsrecht, sofern dies im konkreten Fall durchsetzbar ist, und die Pflicht, Mutter und Kind zu alimentieren.

    Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Juli 2010 wurde die Position nichtehelicher Väter wesentlich gestärkt. Die bisher geltende Regelung, die Väter von der Sorgetragung ausschloss, ist nunmehr rechtswidrig.

    Bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber kann auf Antrag eines Elternteils bei dem zuständigen Familiengericht die elterliche Sorge oder ein Teil der elterlichen Sorge gemeinsam übertragen werden, soweit dies dem Kindeswohl entspricht. Ebenso kann der nichteheliche Vater auf Antrag auch die alleinige Sorge oder ein Teil davon übertragen bekommen, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.

    Wichtig ist, dass der Antrag bei dem Familiengericht gestellt wird, nicht beim Jugendamt! Das Jugendamt ist nicht zu Sorgerechtsregelungen berechtigt
  2. Gemäß der Regelungen durch den Gesetzgeber haben wir für den nichtehelichen Vater die Situation, dass er im Falle des Todes der Kindesmutter nicht automatisch auch Sorgerechtsinhaber wird – dies ist gerade im Gesetz nicht vorgesehen. Vielmehr unterliegt er dem „good will“ des Gerichtes, das seinerseits unter Berücksichtigung des „Kindeswohles“ eigenständig entscheidet, ob es für das Kindeswohl das Beste ist, wenn der nichteheliche Vater die Rechte übernimmt – oder dies z. B. die Großeltern oder Drittpersonen sind.

    Wollen Sie dies vermeiden, können Sie dies nach der gegenwärtigen Rechtslage nur dann, wenn die Kindesmutter in einem Testament eine entsprechende Bestimmung trifft (Stichwort: Vormundschaftsregelung).
  3. Bei der Patchwork-Familie im klassischen Sinne (Die Ehe wird geschieden. Man begründet eine neue Partnerschaft. In diese Partnerschaft bringt man neue Kinder ein. Man hat neue Kinder mit dem Partner.) kommen weitere, andere Probleme hinzu:
    • Ist man mit dem neuen Partner nicht verheiratet, kümmert man sich aber um die Entwicklung der Kinder aus der früheren Beziehung, hat man trotz unmittelbarer Nähe ebenfalls kein Mitspracherecht. Im Falle des Versterbens des Partners ist es nicht möglich die geschaffene Beziehung konsequent fortzusetzen. Der „alte Partner“ (Kindesvater/Kindesmutter) kümmert sich um alle Belange – insbesondere auch die wirtschaftlichen Belange – der Kinder.
      Wollen Sie dies nicht, gilt es ebenfalls wieder in einem Testament eine entsprechende Regelung zu treffen (Stichwort: Testamentsvollstreckung).
    • Vor gleichen Problemen stehen Sie, wenn Sie mit dem neuen Partner gemeinsame Kinder haben, die dann mit den Kindern aus der früheren Beziehung in einem gemeinsamen Haushalt leben: Hat der ehemalige Partner das Sorgerecht, stehen Sie gegebenenfalls vor der Problem, dass dieser völlig andere Vorstellung an die Erziehung der Kinder hat als Sie.
      Wie ausgeführt steht zwar eine gesetzliche Regelung an. Da das Bundesverfassungsgericht eine Gleichstellung des nichtehelichen Vaters zum ehelichen Vater vorgibt, ist jedoch nicht zu erwarten, dass mit der entsprechenden Regelung die vorher angesprochenen Probleme gelöst werden.
      Insoweit besteht auf jeden Fall Klärungs- und Regelungsbedarf, wenn Sie Ihrerseits nicht mit einer gewissen Unsicherheit leben wollen.
      Der Regelungsbedarf erhöht sich, wenn Sie Inhaber eines/mehrerer Grundstücke(s) oder einer Firma/Firmenbeteiligung sind und es gilt, Entscheidungen z. B. zur Belastung oder zur Veräußerung zu treffen. Treffen Sie hier für den Fall des Todes – gleichermaßen wie für den Fall dauerhafter, irreversibler körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen – keine geschäftlichen oder privaten Regelungen, kann dies bis hin zur Existenzvernichtung führen.
      Hierüber werden wir in unserem Beitrag im Juli 2011 berichten.

(Verantwortlich: Rechtsanwalt Rungen)