Nach einer Statistik des deutschen Verkehrssicherheitsrates kam es im Jahre 2009 zu insgesamt 229.900 Verkehrsunfällen in Deutschland. In Relation zur Gesamtbevölkerung möglicherweise noch eine geringe Zahl. Diese relativiert sich jedoch, wenn Sie sich vorstellen, dass alters- oder gesundheitsbedingt oder aus sonstigen Gründen nicht jeder Bürger über ein Fahrzeug verfügt. Insoweit werden Sie uns zustimmen, dass eine relativ große Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Großteil der Verkehrsteilnehmer – und damit möglicherweise auch Sie – im Laufe der Zeit in einen Unfall verwickelt werden.

Unsere tägliche Erfahrung zeigt uns: Die wenigsten wissen, wie man sich im Falle eines Unfalles richtig zu verhalten hat.

Mit den nachfolgenden Hinweisen wollen wir Ihnen helfen, im Falle eines Unfalles den Überblick zu behalten und für Sie nachteilige Folgen zu vermeiden.

  1. Die oberste Regel lautet „Anhalten“. Als Unfallbeteiligter sind Sie vor allem auch verpflichtet, die Feststellung Ihrer Person zu ermöglichen. Entfernen Sie sich, ohne eine Feststellung Ihrer Personalien zu ermöglichen, machen Sie sich strafbar. Neben empfindlichen Geldbußen droht möglicherweise sogar die Konsequenz der Entziehung des Führerscheines.

    Die Verpflichtung des Anhaltens besteht sowohl bei Unfällen mit erheblichem Sach- oder gar Personenschaden als auch bei „kleinen“ Unfällen z.B. beim Ausparken, auch wenn zunächst kein weiterer Beteiligter vor Ort ist. Wer etwa beim Ausparken ein anderes Fahrzeug beschädigt, ist grundsätzlich verpflichtet, zu warten bis der Geschädigte eintrifft. Erst nach einer angemessenen Wartezeit ist es dem Unfallbeteiligten gestattet, sich vom Unfallort zu Entfernen und die Feststellung seiner Person durch Unterrichtung der nächstgelegenen Polizeidienststelle zu ermöglichen. Die angemessene Wartezeit ist abhängig vom entstandenen Schaden und kann 30 Minuten (kleinerer Blechschaden) bis mehrere Stunden (erheblicher Sachschaden) betragen.
  2. Als nächstes gilt es, die Unfallstelle zu sichern und durch entsprechende Vorkehrungen andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. Insbesondere nachts kann es infolge einer unzureichenden Sicherung zu weiteren Unfällen kommen. So entwickelt sich schnell aus einem Unfall mit Blechschaden infolge der mangelhaften Sicherung der Unfallstelle ein Unfall mit Todesfolge.

    Das Warndreieck sollte hier in einem entsprechend großem Abstand vor der Unfallstelle positioniert werden. Der Abstand bestimmt sich nach der konkreten Situation vor dem Unfallort. Abstände von 100 m bis 150 m sind nicht unüblich.
  3. Im Falle von Verletzungen ist jeder Beteiligte zur ersten Hilfeleistung verpflichtet. Dies sollte unverzüglich nach Sicherung der Unfallstelle geschehen. Wer sich medizinische Maßnahmen nicht zutraut, ist wenigstens verpflichtet, bei Bedarf den Notruf zu alarmieren.
  4. Ist die Unfallstelle gesichert und sind die Verletzten versorgt, empfiehlt es sich, die Personalien auszutauschen. Zu den Folgen verweisen wir auf unsere Ausführungen zu Ziffer 1. Wichtig sind hier die Namen der Beteiligten, das amtliche Kennzeichen der Fahrzeuge, Anschrift und Versicherung der Beteiligten.
  5. Handelt es sich bei Ihrem Fahrzeug um ein Miet- oder Leasingfahrzeug, ist nach den vertraglichen Regelungen zwingend die Polizei hinzuzuziehen. Die gleiche Verpflichtung besteht üblicherweise auch bei der Nutzung eines Firmenfahrzeuges. Ansonsten ist zumindest zu überlegen, die Polizei hinzuzuziehen. Bei Personen- und erheblichen Sachschäden sollte dies immer erfolgen. Aber auch bei kleineren Schäden kann das Hinzuziehen späteren Komplikationen vorbeugen. Insbesondere die Dokumentation des Unfallgeschehens durch Polizeibeamte für ein eventuell nachfolgendes Ordnungswidrigkeitsverfahren kann spätere Beweisprobleme erheblich mindern. Darüber hinaus kann eine durch die Polizei ausgesprochene Verwarnung gegenüber einem Unfallbeteiligten bereits ein richtungweisendes Indiz bezüglich des Unfallverschuldens darstellen.

    Kommen Sie als Unfallverursacher – oder mindestens als Mitverursacher – in Frage, sollten Sie insoweit beachten, aus den Pflichtangaben (persönliche Daten) keine weitere Einlassung in der Sache zu machen: Die einmal abgegebene Erklärung ist im Nachhinein selten zu korrigieren.

    Sollten Sie sich entschließen, den Unfall ohne Polizei abzuwickeln, sollten Sie auf jeden Fall die nachfolgenden Punkte beachten und dies am besten in einem kurzen Unfallprotokoll festhalten:

    • Angaben über die Unfallbeteiligten (Personalien, Zeugen)
    • Angaben über die Fahrzeuge
    • Art und Verlauf des Unfalles (ggf. Skizze fertigen)
    • Unfallfolgen (ggf. Fotos fertigen).
  6. Auch wenn Sie möglicherweise der Auffassung sind, dass Sie zumindest eine Mitschuld am Unfall haben, sollten Sie stets vermeiden, ein pauschales Schuldanerkenntnis abzugeben: Auch wenn Sie dies so nicht wahrnehmen, befinden Sie sich im Schockzustand. Eine erste Einschätzung kann sich im Nachhinein als unrichtig bestätigen. Unsere Praxis zeigt, dass sich oftmals erst im Nachhinein herausstellt, dass nicht Sie, sondern den Unfallgegner der Schuldvorwurf trifft.

    Haben Sie jedoch einmal ein Schuldanerkenntnis abgegeben, ist dies, wie die Erklärung gegenüber der Polizei, später nur schwerlich zu korrigieren und kann insofern zu erheblichen zivilrechtlichen Schwierigkeiten führen.

    Mit einer entsprechenden Erklärung verletzen Sie auch Ihre Pflichten gegenüber Ihrer Haftpflichtversicherung. Diese hat das Regulierungsmonopol und entscheidet, ob die Schuld anzuerkennen ist.

    Lassen Sie sich bitte auch nicht durch mögliche Einschätzungen eines Polizeibeamten täuschen. Auch ein Polizist ist ein Mensch und kann Fehleinschätzungen unterliegen. Möglicherweise schätzt er eine Situation falsch ein; möglicherweise liegen ihm bei der ersten Einschätzung noch nicht alle Informationen zur Aufklärung des Sachverhaltes vor. Auch Polizisten sind nicht vor subjektiven Empfindungen geschützt.
  7. Auch dann, wenn Sie die Situation als völlig klar einschätzen und die Schuld alleine beim Unfallgegner sehen, sollten Sie stets überlegen, sich der Hilfe eines Anwaltes zu bedienen: Unsere tägliche Praxis zeigt leider, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung gerne versucht, zu Ihren Lasten Kosten zu sparen.

    Dies beginnt mit Diskussionen über die Höhe der Unkostenpauschale und setzt sich über die Länge und Dauer der Reparatur bis hin zur Höhe eines in Anspruch genommenen Mietwagens fest. Dabei werden Sie durch die Spruchpraxis der Gerichte unterstützt, die leider nicht einheitlich ist. Auch bei uns in Gera kann eine Entscheidung unterschiedlich danach ausfallen, bei welchem Richter oder bei welcher Kammer Sie den Rechtsstreit führen.

    Noch größere Probleme wirft der Bereich des „Schmerzensgeldes“ bei Personenschäden auf. Als Regel gilt: Je größer der Schaden, desto intensiver der Streit.

    Natürlich erleben wir in der Praxis auch immer wieder, dass sich der Unfallgegner spätestens bei der Erklärung gegenüber seiner Haftpflichtversicherung plötzlich nicht mehr an seine Schuld erinnern kann (will).

    Da es sich beim Unfall mit Sach- und/oder Personenschaden um eine sogenannte „unerlaubte Handlung“ handelt, ist der Unfallgegner stets auch zur Übernahme der Ihnen entstehenden Anwaltskosten verpflichtet. Abstriche sind dabei alleine nach der Quote des Verschuldens und unter Berücksichtigung möglicher Abstriche auf die Schadenshöhe vorzunehmen. Haben Sie eine Rechtsschutzversicherung, wird dieses Risiko für Sie noch weiter minimiert: Sie zahlen allenfalls (und dies lediglich für den Fall, dass Sie einen entsprechenden Prozess verlieren) die vertraglich vereinbarte Selbstbeteiligung.

    Ein Vorteil der Hinzuziehung des Rechtsanwaltes: Ist dieser langjährig tätig, wird er sowohl über Kontakte zu den örtlichen Sachverständigen als auch zu örtlichen Transport- oder Mietwagenunternehmen verfügen und Ihnen sicherlich auch bei der Auswahl einer Fachwerkstatt zur Verfügung stehen können.


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit – sollten Sie ergänzende Fragen haben, rufen Sie uns einfach an. Wir helfen Ihnen gerne.